Modulare Abwasserbehandlungsanlage mit angeschlossener Aquaponik
Wasserwiederverwendung neu definiert
Im Rahmen des vom BMBF geförderten Pilotprojekts awaregio wurde auf dem Gelände der Kläranlage Moers-Gerdt der Linksniederrheinischen Entwässerungs-Genossenschaft (LINEG) eine halbtechnische, modulare Abwasserbehandlungsanlage errichtet, in der aus dem Abwasser der Kläranlage verschiedene Produktwasserqualitäten erzeugt und in der angeschlossenen Aquaponik (Kombination aus Fischzucht(Aquakultur) und Pflanzenzucht (Hydroponik) in einem geschlossenen Kreislaufsystem) getestet werden.
Das Abwasserreinigungssystem wurde bewusst energie-, kosten- und wartungsarm konzipiert. In der primären Abwasserreinigung kommen ein weiterentwickelter Anaerobreaktor (Kombination aus einem Emscherbrunnen (EB), einem anaeroben Tauchwandreaktor (Anaerobic Baffled Reactor (ABR)) und einem Anaerobfilter (AF)), eine anoxisch-aerobe Biofilmstufe (MBBRD) und ein Schüttbettfilter (SBF) zum Einsatz. Somit kann z. B. auf eine Druckbelüftung verzichtet werden.
Für die Nachreinigung stehen mehrere, modular aufgebaute Technologien zur Verfügung, die unterschiedliche Wasserqualitäten erzeugen:
- Als betrieblich sehr einfache Variante 1 (Q1) ist eine optimierte, bepflanzte Bodenfilterstufe (BF) umgesetzt, welche in ergänzenden Tests mit einerzweiten Bodenfilterstufe kombiniert wurde. (Qh, BF ≈ 0,15 m³/h)
- In Variante 2 (Q2) wird statt dem Bodenfilter eine periodisch betriebene UV-Stufe eingesetzt. (Qh, UV ≈ 30 L/h)
- Bei Variante 3 (Q3) wird das vorgereinigte Abwasser in einer Ultrafiltrationsstufe (UF) aufbereitet. (Qh, UF ≈ 0,33 m³/h)
- Bei Variante 4 (Q4) wird das Wasser aus der Ultrafiltration bzw. der Bodenfilterkaskade durch eine Niederdruck-Reverse-Osmose (RO) weiter aufbereitet. (Qh, RO ≈ 0,33 m³/h)
Das Klarwasser aus dem Bodenfilter, der UV-Stufe und der Ultrafiltrationsstufe wurde neben Brunnenwasser als Referenz, in einem Gewächshaus vom Projektpartner TERRA URBANA betriebenen Aquaponik mit vier unabhängigen Wasserkreisläufen getestet.
Zur Untersuchung der einzelnen Behandlungsstufen gibt es über die Anlage verteilt 14 Probennahmestellen und mehrere Gasuhren. Für die Untersuchung der Spurenstoffe wurden Passivsammler an den Zu- und Abläufen der jeweiligen Klärstufen sowie bioanalytische Methoden eingesetzt. Zusätzlich fanden im Kläranlagen-Labor Fällungsversuche zur Erzeugung eines N+P-Recycling-Produktes aus dem RO-Konzentrat sowie Versuche zum weitergehenden, oxidativen Abbau der im RO-Konzentrat angereicherten Spurenstoffe statt. Zuletzt wurde die Biogasgewinnung aus der Anaerobstufe mit einem Vakuumentgasungssystem untersucht.
Die halbtechnische Versuchsanlage ist mit einer SPS und einem PLS zur teilautonomen Versuchsdurchführung ausgestattet. Damit können die Betriebswerte automatisch aufgezeichnet und elektronisch verschickt werden.
Das vom BMBF geförderte Entwicklungsvorhaben awaregio wurde erfolgreich Ende September 2019 abgeschlossen. Die Versuchs- und Demonstrationsanlage wollen wir weiter einsetzen, um zu testen, welche anwendungsfeldspezifischen Produktwasserqualitäten mit welchem Aufbereitungspfad erreicht werden. Zudem eignet sich der Versuchsanlagenkomplex optimal für die Schulung oder Weiterbildung (inter)nationaler Fach- und Führungskräfte, da das aufgebaute Wissen zu dem immer bedeutsamer werdenden Themenkomplex „Wasserwiederverwendung“hier anschaulich dargestellt und damit verbreitet werden kann.